Das OZG war ein Booster für die Verwaltungsdigitalisierung!

Meine persönliche Bilanz zum Fristende des Onlinezugangsgesetzes

Die Umsetzungsfrist des Onlinezugangsgesetzes (OZG) endet zum 31.12.2022. Bis dahin sollten alle Verwaltungsleistungen von Bund, Ländern und Kommunen online über Verwaltungsportale angeboten werden. Davon sind wir insgesamt noch deutlich entfernt. In Hessen sind wir mit 483 von 695 identifizierten Verwaltungsleistungen, die bis Mitte Dezember digitalisiert wurden, schon ziemlich weit gekommen. Trotzdem konnte knapp ein Drittel der Leistungen bisher noch nicht digital angeboten werden. Und bundesweit sieht es teilweise deutlich schlechter aus. Die Reaktionen in den Medien und von Akteuren wie dem Nationalen sind erwartungsgemäß kritisch.

Sind wir mit dem OZG also gescheitert? Ich sage: Ganz und gar nicht!

Seit das OZG im Jahr 2017 beschlossen wurde, sind wir im Bereich digitaler Verwaltungsleistungen große Schritte vorangegangen. Der gesetzliche Druck, der durch die OZG-Frist ausgelöst wurde, hat die Dringlichkeit für die Digitalisierung bei allen Beteiligten deutlich erhöht und zu der Erkenntnis geführt, dass die OZG-Umsetzung nur in einer gemeinsamen und arbeitsteiligen Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen zu schaffen ist. Hierfür wurden erstmals verwaltungsebenenübergreifende Steuerungsstrukturen geschaffen. Eine so intensive und koordinierte Zusammenarbeit war im Bereich der Verwaltungs-IT völlig neu und wird uns auch für künftige Vorhaben weiterhelfen. In Hessen haben wir hierfür entsprechende Strukturen geschaffen und arbeiten sehr eng und konstruktiv mit allen Ressorts und nachgeordneten Behörden zusammen.

Da die meisten Verwaltungsleistungen von den Kommunen umgesetzt werden und die Voraussetzungen und Ressourcen hier sehr unterschiedlich sind, haben wir in Hessen von Anfang an auch einen besonderen Schwerpunkt auf die Unterstützung der Städte, Gemeinden und Landkreise gelegt. Mit einer gemeinsamen Koordinierungsstelle zwischen Land und Kommunalen Spitzenverbänden, der kostenlosen Zurverfügungstellung der Digitalisierungsplattform civento, der Erarbeitung digitaler Online-Services in Digitalisierungsfabriken und OZG-Modellkommunen, einer kostenlosen Digitalisierungsberatung und weiteren Maßnahmen haben wir als Land die Kommunen organisatorisch, technisch und finanziell maßgeblich unterstützt. Eine solche Zusammenarbeit ist deutschlandweit einmalig und vorbildlich.

Auch im Bereich der Standardisierung wurden durch das OZG neue Impulse gesetzt. Durch die gesetzliche Verpflichtung zur Anbindung der Verwaltungsleistungen an Verwaltungsportale, deren Verknüpfung zu einem Portalverbund und dem Anbieten von Nutzerkonten wurden wesentliche technische Basiskomponenten geschaffen bzw. vorhandene Komponenten interoperabel gestaltet oder verknüpft. Mit dem Föderalen Informationsmanagement (FIM) wurde auch die Beschreibung von Leistungen, Prozessen und Datenfeldern von Verwaltungsleistungen standardisiert. Durch die Einführung des „Einer-für-Alle-Prinzips“ (EfA) wurden erstmals digitale Verwaltungsleistungen arbeitsteilig und zur Nachnutzung für alle anderen Länder entwickelt. Hierdurch können erhebliche Synergieeffekte erzielt werden. Durch die einheitlichen Anforderungen an EfA-Leistungen wurde wiederum die Standardisierung und Qualitätssicherung erhöht.

In diesen komplexen Prozessen haben alle Beteiligten wahnsinnig viel gelernt, immer wieder rechtliche, technische und organisatorische Hürden überwunden und ganz neue Formen der Zusammenarbeit erlebt. Das OZG war aus meiner Sicht daher ein absoluter Booster für die Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland. Und das alles unter deutlich erschwerten Bedingungen einer Pandemie und eines Krieges in Europa, die viele personelle Ressourcen in der Verwaltung an anderen Stellen gebunden haben, und die bei der Planung der OZG-Umsetzung nicht vorhersehbar waren.

Ich bin deshalb sehr stolz darauf, was wir in den letzten Jahren erreicht haben. Nach so einem gemeinsamen Kraftakt darf man auch einfach mal einen Moment zufrieden zurückblicken auf das Geschaffte und nicht immer nur auf das, was noch nicht fertig ist. Neben den genannten strukturellen Entwicklungen und Lernerfolgen haben wir über 480 Verwaltungsleistungen digitalisiert, die einen Mehrwert für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen in unserem Land bieten – das kann sich doch sehen lassen!

Was häufig nicht gesehen wird: Hinter jeder umgesetzten Verwaltungsleistung steht ein eigenes Umsetzungsprojekt, in dem unter Einsatz von Zeit und Nerven ein Team aus Projektmanagern, Fachexperten, Business-Analysten, IT-Spezialisten, Juristen und Redakteuren dafür sorgt, dass am Ende ein nutzerfreundlicher und (rechts-)sicherer Online-Service in unserem hessischen Verwaltungsportal www.verwaltungsportal.hessen.de zu finden ist. Dazu kommen all diejenigen, die die Umsetzung des OZG in Bund, Ländern und Kommunen übergeordnet steuern und koordinieren. Hier in Hessen sind dies vor allem die Mitarbeitenden im Umsetzungsprojekt des Innenministeriums und der Abteilung Verwaltungsdigitalisierung meines Bereichs, die Digitalisierungsbeauftragten der Ressorts und Regierungspräsidien und viele weitere die mittelbar beteiligt waren, wie die Mitarbeitenden in den Haushaltsreferaten, die Datenschutz- und IT-Sicherheitsbeauftragten oder die Personalvertretungen. Sie alle haben sich in den letzten Jahren weit über das normale Maß hinaus engagiert, damit die Verwaltung digitaler wird. Daher gilt allen Beteiligten mein herzlicher Dank!

Wir sind aber natürlich noch lange nicht am Ziel und wir müssen uns und den Umsetzungsfortschritt immer wieder kritisch hinterfragen. Die Digitalisierung der Verwaltung ist eine Daueraufgabe – und ein Marathon, kein Sprint. Deshalb werden wird auch im nächsten Jahr mit voller Kraft weiterarbeiten. Es steht die Weiterentwicklung des OZG an und viele wichtige Schritte auf dem Weg zu einer volldigitalisierten Verwaltung. Ich persönlich freue mich sehr, dass ich dabei als Vorsitzender des IT-Planungsrats im Jahr 2023 gemeinsam mit meinem engagierten Team auch bundesweit aktiv mitgestalten darf.

Packen wir es an!

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