Es ist richtig: Rüsselsheim hat für eine Stadt seiner Größe eine zu geringe Gewerbesteuereinnahmekraft. Darüber dürfen auch positive Einmaleffekte wie in diesem und dem vergangenen Jahr nicht hinwegtäuschen. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass Rüsselsheim deswegen besonders hohe Zuwendungen vom Land erhält. Zuwendungen, die auch wieder aus den Steuerabgaben unserer Bürgerinnen und Bürger stammen.

Daher muss es unsere oberste Priorität sein, mit den vorhandenen Mitteln auszukommen und damit die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Mit den vorhandenen Mitteln auszukommen, heißt aber auch, sich einzugestehen, dass Rüsselsheim in den vergangenen Jahren den eingeschlagenen Pfad hin zu einem dauerhaft ausgeglichenen Haushalt verlassen hat. Personalaufbau und immens steigende Ausgaben – auch und gerade jenseits des hier nicht zu diskutierenden Bereichs der Kinderbetreuung – sind Zeugen dafür. Dies ist – nach langem Hin und Her – im vergangenen Jahr wie auch voraussichtlich in diesem Jahr noch durch eine außergewöhnlich hohe Gewerbesteuerzahlung abgefangen worden. Aber auf diese Einmaleffekte dürfen und können wir uns nicht verlassen. Der Haushalt der Stadt Rüsselsheim muss so aufgestellt werden, dass er in einem Zeitraum von mehreren Jahren in den üblichen Konjunkturschwankungen, also in einem Zusammenspiel aus guten und weniger guten Jahren bei den Steuereinnahmen, ausgeglichen ist. Ein Niveau an Ausgaben, welches nur unter absoluten Idealbedingungen bei der Gewerbesteuer überhaupt noch gegenfinanzierbar ist, ist auf Dauer nicht mehr tragbar. Dafür muss genauer hingeschaut und Spielräume erkannt werden.

Dabei stellt sich die Frage, wo will man genauer hinschauen. Kultur oder Soziales sind plakative Bereiche, die hier gerne genannt werden. Das mag naheliegend sein, weil hier große Ausgabepositionen schnell zu erkennen sind. Aber es sind nicht die Bereiche, an denen wir die Stadt Rüsselsheim sanieren können.

Stattdessen gilt es im Kleinen zu schauen, bei der alltäglichen Aufgabenerfüllung in der inneren Verwaltung. Haushaltssanierung ist nicht der eine große Schnitt, die eine Kürzung um mehrere Millionen. Es sind viele kleine Schritte hin zu einem effektiveren und effizienteren Tagesgeschäft.
Dazu gehört auch, den Stellenplan endlich an die Realität anzupassen. Mehrere hundert unbesetzte Stellen, die Jahr für Jahr dennoch in den Haushaltsberatungen diskutiert und verabschiedet werden, sind das Gegenteil von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit; sind das Gegenteil von der Transparenz, die wir nun in den kommenden Jahren brauchen.

Oberstes Ziel des Handelns eines Oberbürgermeisters muss es sein, mit den Mitteln der Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt verantwortungsvoll umzugehen. Inflation, Energiepreisschock, Zinswende sind alles Ereignisse, die das Leben für jede Einzelnen immer teurer werden lassen. Dazu ist die Steuerbelastung für unsere Bürgerinnen und Bürger schon heute extrem hoch. Dies gilt es insbesondere mit Blick auf die anstehende Grundsteuerreform zu beachten. Aktuell findet eine intensive Diskussion über die Grundsteuerneuberechnung statt. Die Unsicherheit über erhöhte Abgaben ist groß. Das ist nachvollziehbar. Die Stadt Rüsselsheim hat keinen Einfluss auf die Grundsätze der Neuberechnung, diese wurden gesetzlich geregelt. Die Stadt hat aber Einfluss auf den Hebesatz, der in unserer Stadt für die Berechnung als Grundlage dient. Final entscheidet die Stadtverordnetenversammlung über die Hebesätze, ich will aber sehr deutlich sagen, dass aus meiner Sicht das Steueraufkommen im Zuge der Neuberechnung nicht steigen soll. Der Hebesatz muss sich an der neuen Berechnung orientieren und entsprechen verändert werden. Hier werde ich all meine Möglichkeiten ausschöpfen.

Zum Thema Abgabenbelastung gehören auch weitere Belastung wie Straßenbeiträge. Ein Thema, dass in vielen Kommunen schon Thema war. Für mich ist die Position klar: Die Sanierung von Straßen ist eine gesamtstädtische Aufgabe und gehört damit gesamtstädtisch über die vorhandenen Finanzmittel finanziert. Dafür, und hier schließt sich der Kreis zum Haushalt, müssen wir wieder dafür sorgen, dass die Stadt Rüsselsheim mit den vorhandenen Mitteln auskömmlich arbeiten kann, statt ständig über neue Einnahmequellen und damit neue Belastungen der Bürgerinnen und Bürger nachzudenken.

Die Finanzsituation der Stadt Rüsselsheim braucht eine klare Führung und viele Anstrengungen und Überlegungen im Detail. Ein Oberbürgermeister muss Führungskraft sein und sich dieser Aufgabe stellen. Rüsselsheim war hier bis vor wenigen Jahren auf dem richtigen Weg, nun ist es an der Zeit mit auf diesen Weg wieder einzulenken und ihn weiter erfolgreich zu beschreiten.
Die Stadt Rüsselsheim muss umgehend mit einer Weiterentwicklung des bestehenden Haushaltsplans und der darauf aufbauenden Haushaltsberichte zu beginnen.

Zielsetzung dieser Weiterentwicklung ist eine konsequente Modernisierung und Ausrichtung des Haushalts auf eine produktorientierte Steuerung mittels Zielen und Kennzahlen im Sinne der Planungsgrundsätze des § 10 Abs. 3 GemHVO. Perspektivisch soll diese um eine wirkungsorientierte Steuerung mit Ausrichtung an einem gesamtstädtischen strategischen Zielsystem ergänzt werden.

Der Haushalt ist in seiner jetzigen Form intransparent und politischer Entscheider haben kaum eine Möglichkeit hier eine fundierte Entscheidung zu treffen. Der Haushaltplan muss im einen im Umfang deutlich reduziert werden, zum anderen braucht es eine konsequente Zusammenführung von Zielen und Kennzahlen, nur so ist eine Erfolgskontrolle möglich.
In der Zukunft muss der Haushalt digital aufgebaut werden. Hierzu gibt es in andern Kommunen erprobte Werkzeuge. Es müssen Instrumente der Transparenz genutzt werden, wie etwa ein Online-Informationssystem, welches die Haushaltszahlen auf einem Dashboard und in tabellarischer Form online verfügbar macht. Damit haben die politischen Entscheider, aber auch die Bürgerinnen und Bürger immer einen Überblick über die Haushaltssituation der Stadt. Aber auch in der Aufstellung müssen in Zukunft digitale Lösungen genutzt werden, das ist auch deutlich effektiver für die Verwaltung.

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